Kategorie:  Kammermusik

PANTA RHEI („Alles fließt“) ist die Quintessenz des antiken Philosophen Heraklit und inspirierte beim Komponieren zum einen zu einem Minimal Music- oder Pattern-Style der, zum anderen zur asiatischen meditationsform des „Mantra“: im Hinduismus und Buddhismus heilige Sätze, zum Unterbewusstsein führende Repetition von Silben und Worten. Satz 1 ist ein fliessendes Preludio, Satz 2 ist ein Micro-Dance der Liquid Chrystals (die Kristalle der LCD-Anzeigen wurden schon um 1900 von Otto Lehmann entdeckt), Satz 3 ist eine Hommage an Viktor Schauberger (1885-1958), einen bahnbrechenden und ökologischen Vordenker neuer Energieformen, Satz 4 wird sehr groovig und kraftvoll: Zielpunkt dieser Komposition.

Sätze: 1: Prelude (4:20)
2: Liquid Chrystal (3:40)
3: In Memoriam Viktor Schauberger (3:00)
4: Panta Rhei (5:00)

Dauer: 16 Minuten

Notenausgabe: Schott Music GmbH , ED 20456 , 2007

Besetzung: Saxophonquartett (S/A/T/Bar)

Soloinstrumente: Saxophon

Vorwort: PANTA RHEI ("Alles fließt) ist die Quintessenz des griechischen Naturphilosophen Heraklit aus Ephesos (ca. 540-480 v. Chr.), von dem zentrale Aussagen wie "Man kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen" erhalten sind, für den das "ewig sich wandelnde Feuer" Symbol der Lebenskraft war. "Alles ist in Bewegung und Veränderung", das war "Logos", das Weltgesetz. In einer archaischen Welt, deren Unfasslichkeit mit Magie, Tabu, Ritual, Totem und Tanz zu bewältigen versucht wurde, erklärten die frühen griechischen Naturphilosophen die Naturphänomene ohne Gott als Lenker übernatürlicher Kräfte und müssen daher als Urväter der modernen Naturwissenschaften angesehen werden.
An der Schnittstelle zwischen eigenständigem Denken und archaischem Ritual sind die vier Mantras für Saxophonquartett entstanden. "Mantras" sind im Hinduismus und Buddhismus heilige Sätze, Kernaussagen, "Instrumente des Denkens und der Rede". Sie wurden an das Göttliche als Verehrung und Weg der Konzentration gerichtet und bestehen vor allem aus Wiederholungen von Silben und Worten. In diesem Sinne enthält in "Panta Rhei" jeder Satz eine Grundmotiv (vor allem eine rhythmische Grundgeste), das variativ und kreisförmig, aber nicht identisch wiederholt wird, - eben in ewigem Fließen.

Widmung: Thomas Tomaschek und dem Saxophonquartett 'Panta Rhei'
herzlich gewidmet

Anmerkungen: Anmerkungen zur Interpretation:

1: Prelude
Mit einem durchweg warmen Grundton fließen die Achtel. Die zahlreichen Taktwechsel nicht spürbar machen, alle Akzente dezent und nicht hart. Auch die forte-Stellen nicht akzentuiert und herausgerissen; die Melodien nicht heraustreten, sondern im Achtelfluß integriert. Auf Ausgewogenheit der Akkorde achten, so dass keine Stimme aus dem Klang fällt.
Die "Vibrato-Rhythmik" am Ende so ausführen, dass im gehaltenen Ton nur mithilfe des Vibratos ein Triolenfeeling entsteht.

2: Liquid Chrystal
Die "flüssigen Kristalle" wurden von Otto Lehmann (1855-1922) erstmals erforscht und beschrieben. Er war ein Naturdenker, der seiner Zeit weit voraus war und zum Beispiel die Grundlagen für die heutige LCD-Anzeige legte.
"Liquid Chrystal" ist ein feinrhythmisches immerwährendes Tanzen ("quasi una danza"), dessen Tempo und Zweierphrasierung konstant fließen soll. Auch hier ist wieder zu beachten, dass die Akzente und Dynamikkontraste nicht hart und schroff klingen, sondern ein fluktuierendes Gleiten die Musik auszeichnet.

3: In Memoriam Viktor Schauberger (1885-1958)
Schauberger war ein österreichischer Förster und Wissenschaftler, der von der Natur her beobachtend bahnbrechende Naturwissenschaft entwickelte: die Spirale und das Ei erkannte er (nur mit Nicht-Euklidscher Mathematik berechenbar) als Symbole des Lebens, der Explosion (Entropie als Naturgesetz) setzte er die Implosion entgegen, der Gravitationskraft die Levitationskraft.
Die Komposition enthält einen glockenartigen Impuls, der vielfach variiert wird. In diese minutiös ausgestalteten Impulse ist ein schlichtes, frei schwebendes Melodiefragment eingebunden.

4: Panta Rhei
Es der Hauptsatz des kleinen Zyklus: voller Vitalität und Stärke, nicht zu bremsende Kraft.
Die virtuos durchlaufenden Achtel bilden eine ewige Wellenbewegung, die - egal von welchem Saxophon gespielt - immer im selben Charakter zu erklingen hat. Der Mittelteil ist ein grooviges Staccato, das aber nicht jazzig (im ternären feeling) zu interpretieren ist, sondern strikt als archaische gerade Rhythmik, - immer positiv und impulsiv.

Uraufführung:  06.10.2009, Gasteig München BlackBox

Uraufführung Interpreten: Saxophonquartett PANTA RHEI

Uraufführung Presseberichte: NMZ 11/09 S. 45 Besprechung der Schott-Notenausgabe
'Vier in sich abgeschlossene Sätze. Ausführliches Vorwort und Interpretationsanmerkungen. Eine sehr gelungene, interessante Komposition, die viele Interessenten haben sollte. Trotz der vielen Taktwechsel ist das Zusammenspiel klar und überschaubar. Schwierigkeitsgrad: Mittel- bis Oberstufe. Sehr empfehlenswert auch für Jugend musiziert'. (Frank Klüger)

Schwäbische Zeitung vom 12.6.2009
'Enjott Schneider, Jahrgang 1950, komponierte eigens für das Quartett ein gleichnamiges Stück 'panta rhei' - Mantras für Saxophonquartett. Die antike Erkenntnis panta rhei, alles fließt, lässt an das große Thema Zeit, Vergänglichkeit denken. In minimalistischem Stil und malerischer Gestik setzt Enjott Schneider das Thema in Töne. Das Saxophonquartett ließ die Töne fließen, wässerig zerfließen und strudeln. Der Star des Quartetts war das Sopransaxophon. Nach einem fragenden Trauermotiv siegte das pralle Tönen, mit gegenläufigen Rhythmen, Schenkelklopfen, Jodeln und Jauchzen. Enjott Schneider ist wie Micharl Nyman, Jahrgang 1944, von dem '24hours Saxophone Quartet' tz Gehör kam, durch Filmmusik bekannt.

Tonträger: 

Tonträger Interpreten: Auf dem Hörbeispiel spielt das Arcis Saxophonquartett Konzertmitschnitt vom Juli 2010 sowie von der CD-Produktion Ambiente Audio von 2011