Kategorie:  Orgel / Sacred Music

Die Orgelsinfonie Nr. 9 "Pathétique" thematisiert Leid und Schmerz. Sie ist von Zerrissensein, Hadern mit dem Schicksal, der Geiselung, der grausamen Kreuzigung bis zur Grabesstille bestimmt. Sie stellt in ihrer Diktion eine Hommage an ihre große Schwester dar, - an Pjotr Iljitsch Tschaikowskis Sechste Sinfonie "Pathétique". Darin hatte Tschaikowski in geheimem Programm sein eigenes Leben als Kampf und Leidensweg bis hin zu seiner Selbstauslöschung thematisiert. Von dort sind weitgehend die Satzbezeichnungen (bis hin zur Idee eines emotionalen Adagios als Finale) und die Anmutung mancher musikalische Vokabeln entlehnt, ebenso die schicksalhaften Steigerungen, Abbrüche, Risse oder energiegeladenen - eben pathetischen - Kulminationsstellen.

Sätze: 1: GETHSEMANE (Adagio - Allegro Vivo)

2: GEISELUNG: ECCE HOMO

3: GOLGATHA (Allegro molto vivace)

4: GRABLEGUNG: MARIA MAGDALENA (Adagio lamentoso)

Dauer: 28 Minuten

Notenausgabe: Schott Music , ED 20670 , 2009

Besetzung: Grosse Orgel mit mindestens 3 Manualen

Vorwort: "Pathetisch" oder "Pathos" kommt aus dem Griechischen und bedeutet starke Gemütsbewegung, Gefühl, Leidenschaft oder Leiden. Das Verb dazu bezeichnet "leiden" oder "erdulden". In den römischen - auf die Rhetorik begrenzten - Adaptionen bezeichnet "Pathos" den emotionalen Appell einer Rede, die "bewegen" (movere) soll und dem "erhabenen Stil" (genus grande) entspricht. Später, von Friedrich Schillers ästhetischer Figuration des "Pathetisch-Erhabenen" ausgelöst, kommt im 19. Jahrhundert der Aspekt der menschlichen Freiheit als ein durch die Kunst Erfahrbares hinzu: Pathos ist individueller Widerstand gegen das Leiden und Überwindung des Leidens, ist Schicksal, Kampf und Bestimmung.
Als "die" ultimative Leidensgeschichte werden in der Orgelsinfonie Nr. 9 jene Stunden vorgestellt, in denen Jesus ganz und gar Mensch geworden war, er den Schmerz und das Leid aller Menschen im Prozess eines inneren Kampfes schicksalhaft ertrug : Gethsemane, Geiselung, Golgatha und Grablegung sind hier die vier Stationen und Satzbezeichnungen.

1: GETHSEMANE - als nächtliche Einheit - zeigt facettenreich zum einen das Ringen um Gewißheit "Wachet und betet, dass ihr nicht in Anfechtung fallet" (Mt 26/41, Mk 14/38), "und es geschah, dass er mit dem Tode rang und betete heftiger; und sein Schweiß wurde wie Blutstropfen, die auf die Erde fielen" (Luk 22/44), zum anderen den Verrat des Judas "Gegrüßet seist du, Rabbi! und küsste ihn" (Mt 26/49) sowie Spott und Folter "Da spien sie aus in sein Gesicht und schlugen ihn mit Fäusten" (Mt 26/67, Mk 14/65).

2: GEISSELUNG: ECCE HOMO stellt mit dem "Geisselrhythmus" der barocken Passionen das physische Leid in seiner realen Form dar: "und zogen ihn aus und legten ihm einen Purpurmantel an, und flochten eine Dornenkrone und setzten sie ihm aufs Haupt... und spien ihn an und nahmen das Rohr und schlugen damit auf sein Haupt" (Mt 27/28-30, Mk 15/16-19, Joh. 19/1-5), was selbst Pilatus zum ehrfurchtsvollen Mitleid des "Seht, welch ein Mensch!" veranlasste.

3: GOLGATHA ist - wie ein Scherzo beginnend - eine leidenschaftliche Entwicklung der Musik, die hinführt zum zweiflerisch kämpfenden "Eli, Eli, lama asabthani"? / "Mein Gott, warum hast du mich verlassen?" (Mt 27/46, Mk 15/34), das nach einem Beben der Erde und Zerreissen der Felsen sich auflöste in die Stille des "Vater, ich befehle meinen Geist in Deine Hände" - Und als er das gesagt hatte, verschied er (Luk. 23/46).

4: GRABLEGUNG: MARIA MAGDALENA ist die Weiterführung des subjektiven Leids Jesu aus der Erlebnisperspektive der rätselhaften Figur der Maria Magdalena. Die Evangelisten lassen ihr einhellig eine erstaunliche Bedeutung zukommen. Sie war die Person die am Grab wachte, und die nach dem Sabbat als erster Mensch vom Engel über die Auferstehung unterrichtet wurde.

Die Orgelsinfonie Nr. 9 "Pathétique", die in ihrem Gehalt von Zerrissensein, Kampf, Hadern mit dem Schicksal, der Geiselung, der grausamen Kreuzigung bis zur Grabesstille bestimmt ist, stellt in ihrer Diktion eine Hommage an ihre große Schwester dar, - an Pjotr Iljitsch Tschaikowskis Sechste Sinfonie "Pathétique". Darin hatte Tschaikowski in geheimem Programm sein eigenes Leben als Kampf und Leidensweg bis hin zu seiner Selbstauslöschung thematisiert. Von dort sind weitgehend die Satzbezeichnungen (bis hin zur Idee eines emotionalen Adagios als Finale) und die Anmutung mancher musikalische Vokabeln entlehnt, ebenso die schicksalhaften Steigerungen, Abbrüche, Risse oder energiegeladenen - eben pathetischen - Kulminationsstellen.

Widmung: Johannes Skudlik herzlich gewidmet

Uraufführung:  30.11.2009, München, Frauendom

Uraufführung Interpreten: 22. Juli 2009 im Münchner Frauendom mit Johannes Skudlik, mit Mitschnitt des Bayerischen Rundfunks

Uraufführung Presseberichte: Besprechung in L'ORGUE. Bulletin des Amis de l'Orgue, 2011 Nr. 293 S. 49:
Cette symphonie pour orgue sous-titrées 'pathétique' se réfère à la derniere oeuvre de Tschaikovski et porrait aussi rappeler la "Symphonie Passion" de Marcel Dupré, dont le programme est proche et l'expression cpmparable en dépit d'un langage ici plus dissonant at avancé. Longue et touffue, d'une écriture souvent dense et d'une structure très compartimentée (notamment dans I et II), l'oeuvre s'articule selon quatre mouvements....

Tonträger:  Ambiente Audio / Sacred Music Serie Volume 7,  2012

Tonträger Interpreten: Ambiente Audio ACD 3016
IM NAMEN DER ROSE - PATHÉTIQUE
mit Johannes Skudlik (Orgel) und dem Countertenor Valer Barna Sabadus
eingespielt 2011 an der Orgel der Stadtpfarrkirche Landsberg i.L.