Kategorie: Orgel / Sacred Music
Sätze: 1: Die Jakobsleiter
(Genesis 28, 12-14)
2: Erzengel Gabriel: Vertreibung und Verkündigung
(Genesis 3, 23-24; Lucas 1, 26-38)
3: Abaddon, der Engel des Abgrunds
(Apocalypsis Johannis 9, 1-3 und 9-11)
4: Cherubim und Seraphim: Gloria in excelsis Deo
(Isaias 6, 2-3; Psalm 148, 1-3; Psalm 150, 1-6)
5: Die Engel der Apokalypse: mit Feuer und Posaunenklang
(Apocalypsis Johannis 7, 1-3; 8, 1-9,; 10, 1-2)
Dauer: 35 Minuten
Notenausgabe: Schott Music GmbH , 2008
Besetzung: große Orgel mit mindestens 3 Manual
Soloinstrumente: Orgel
Vorwort: Die Orgelsinfonie Nr. 5 "Angelus" thematisiert die ebenso rätselhafte wie faszinierende Welt der Engel, die in vielen Religionen von Indien, Afrika bis Europa als Wesen vorgestellt werden, welche die Kommunikation zwischen Gott und Mensch als "Boten" erleichtern. Das Alte Testament nennt in der Genesis die Engel zunächst "Mal'ach", was wörtlich "Bote" heißt und noch eher als Menschengestalt beschrieben sind. Die Vorstellung von "geflügelten Wesen" setzte erst spät in der Entwicklung der jüdischen Mythologie ein und ist heute stark mit dem Volksglauben verbunden (Schutzengel).
Einen guten Überblick - auch mit Querverbindungen zu islamischen und antiken Mythologien - bietet Julia Cresswell Das Engel-Kompendium. Über das Wesen und Wirken der Engel, erstmals 2006 als The Watkins Dictionary of Angel. Ikonographische Detailkenntnisse aus Bildender Kunst liefert Marco Bussagli, Angeli - Origini, Storie e Immagini delle creature celesti, Milano 2006. Für die Beratung bei der Entstehung meiner "Engelsinfonie" danke ich Iris Winkler (Ingolstadt) herzlich.
Zu den Sätzen:
Satz 1: Die Jakobsleiter (Genesis 28, 12-14) greift als Prolog den Traum des Jakob auf, der die Vision einer Leiter von der Erde in den Himmel hatte, auf der Engel auf- und niederstiegen, - dargestellt in toccatischer Spielfiguration, die ins hohe Licht mündet und dann den alten Choral "Es sungen drei Engel" (Text 1278; Melodie 1605) zitiert.
Satz 2: Erzengel Gabriel: Vertreibung und Verkündigung ist der eigentliche Kopfsatz der "Engelsinfonie" mit einem kraftvollen Hauptthema, das der "Vertreibung aus dem Paradies" (Genesis 3, 23-24) zugeordnet ist, und einem Seitenthema, das den Engelsgruß und die Botschaft der Christusgeburt an Maria (Lucas 1, 26-38) thematisiert. Grundcharakter ist deshalb Kraft, Stärke und das "flammende Schwert" der Cherubim ("Gabriel" bedeutet "Mann Gottes" oder "Gott ist meine Kraft", dem als marianisches Element das "Ave gratia plena Dominus tecum" entgegengestellt ist.
Satz 3: Abaddon, der Engel des Abgrunds (Apocalypsis Johannis 9, 1-3 und 9-11) ist ein archaisch-kraftvolles Scherzo, das daran innert, dass "Engel" nicht nur liebliche Wesen des Volksglaubens sind, sondern auch die Schattenseiten des Existentiellen repräsentieren. Die Engelshierarchie weist eine große Zahl von Todesengeln auf. Selbst Satan und Luzifer waren beispielsweise gefallene Engel. Abaddon besitzt den Schlüssel "zum Schacht, der in den Abgrund führt". Von dort kriechen aus dem Rauch Dämonen mit "Schwänzen und Stacheln wie Skorpione".
Satz 4: Cherubim und Seraphim: Gloria in excelsis Deo (Isaias 6, 2-3; Psalm 148, 1-3, Psalm 150, 1-6). Die Seraphim werden meist als höchste Engelskategorie gesehen, mit meist sechs Flügeln (ein Paar zum Bedecken des Gesichts, ein Paar zum Bedecken der Füsse, ein Paar zum Fliegen). Sie sind "brennende" und lichtstarke Wesen. Die Cherubim (aus dem assyrischen "karibu": jemand, der betet), stehen als zweithöchste Engelskategorie dem Menschen etwas näher, man schreibt ihnen auch jene sechs Flügel zu, sie nehmen jedoch jede Gestalt vom Menschen bis zum Wind, Feuer oder Rad an. Sie fungieren gerne als Wächter und Wisser. Hauptaufgabe beider Engelskategorien ist die Lobpreisung Gottes, wie im TeDeum oder im eucharistischen Gebet mit dem "Sanctus, sanctus, sanctus" verewigt, oder in einem immerwährenden Gloria in excelsis Deo. Dementsprechend ist die kompositorische Darstellung ein rondohaftes "Allein Gott in der Höh' sei Ehr".
Satz 5: Die Engel der Apokalypse: mit Feuer und Posaunenklang ist ein toccatisches Rondo, in dem zunächst etwas von der bis Zerstörung reichenden Kraft wie von der grenzenlosen - ans Irrationale anstoßenden - Anbetung Gottes zu spüren ist. Der Satz mündet in den alten Choral "Es sungen drei Engel? und schließt damit zyklisch an den ersten Satz dieser Orgelsinfonie an.
Widmung: Für Franz Hauk (Münster Ingolstadt), einem unermüdlichen Interpreten meiner Orgelwerke, in Freundschaft gewidmet
Uraufführung: 08.08.2008, Liebfrauenmünster Ingolstadt
Uraufführung Interpreten: Franz Hauk (Orgel) im Rahmen der Ingolstädter Orgeltage 2008
Uraufführung Presseberichte: Donaukurier Ingolstadt vom 16.8.2008 (Jesko Schulze-Reimpell)
Düstere Orgelsinfonie.
Welch ein Irrtum. Die himmlischen geschöpfe sind offensichtlich überwiegend anders und vor allem längst nicht so harmlos, wie wir immer dachten. Aufgeklärt wurde, wer das Hauptkonzert der Ingolstädter Orgeltage im Liebfrauenmünster besuchte. Dort wurde von Franz Hauk hochvirtuos die Orgelsinfonie 'Angelus' des besonders als Filmkomponisten bekannten Enjott Schneider uraufgeführt: ein Schlachtross von einem Orgelstück, gewaltig wie eine Bruckner-Sinfonie, tiefernst und düster grollend wie die Apokalypse. In dem 45minütigen Werk in fünf ausgedehnten Sätzen gibt es keine augenzwinkernde Leichtigkeit, kein Charme und kein Witz. Es fehlen, kurz gesagt, die neckischen Fettfältchen, die niedlichen beinchen und die luftig-leichten Flügel. Enjott Schneider.... hat sich theologisch umfassende informiert und sein Werk genau auf bestimmte Bibelpassagen und Engel abgestimmt. Entstanden sind so fünf musikalische Porträts. Der Gesamtduktus des Werkes ist jedoch weitgehend einheitlich... Im Schlusssatz 'Die Engel der Apokalypse' schließlich kommt es zum finalen Tohiwabohu, ein krachendes orchestrales Orgelgemälde, ein Weltuntergang aus hundert Orgelpfeifen. Dazwischen ist geschickt ein altes Kirchenlied eingeflochten.
Überirdisch reiner Gesang: Aus dem düsteren Rahmen der Orgelsinfonie fällt einzig der kurze vierte Satz 'Cherubim und Seraphim,' heraus, ein Stück im Diskant, so rein und himmlisch klingend wie ein Glockenspiel.
Tonträger: ambiente audio ACD 3008, 2009
Tonträger Interpreten: Franz Hauk an der Ingolstädter Klais-Orgel