Category: Organ / Sacred Music
Movements: 1: Der Mönch und sein Glöcklein (The monk and his little bell - Japanese tale)
2: Die Palme und der Stein (The palm tree and the rock - African tale)
3: Gott und der Friseur (God and the hair dresser - Islamic tale)
Duration: 20 minutes
Instrumentation: Narrator and organ
Solo instruments: Orgel
Text/Lyrics by: Traditional texts, arranged as a melodrama by Enjott Schneider
Introduction: Die Märchen benötigen einen spannenden Erzähler und einen phantasievollen Organisten, der je nach Orgeldisposition bunte und zarte Klänge findet, die dramaturgisch passend sind.
Additional remarks: The texts in their original German language:
Nr.1 Der Mönch und sein Glöcklein (aus Japan)
Es lebte ein Mönch in seiner kleinen Stadt am Meer, - bei seinem Tempel. Er liebte es, auf der Terrasse zu sitzen und auf das Meer hinauszuschauen. Um sich nicht so alleine zu fühlen, hatte er am dach über der Terrasse eine kleine silberne Glocke angebracht. Die kleine Glocke hing an einem Papierband, auf dem schöne Verse geschrieben waren. Sobald der Wind ein bisschen wehte – und am Meer wehte er viel - bewegte sich das Papier und die kleine Glocke läutete wie die Streifen des silbernen Mondscheins.
In der gleichen Stadt wohnte auch der Apotheker Sato. Sato hatte immer Pech. Nichts glückte ihm mehr. Er war traurig und wusste sich nicht mehr zu helfen. In seiner Not machte er sich auf den Weg, um den Mönch zu fragen. Als er aber den alten Mönch so friedlich auf der Terrasse sitzen sah, und das Glöcklein läuten hörte, da wusste er plötzlich, dass dieses Glöcklein auch ihn glücklicher machen könnte.
Er bat den Mönch, ihm das Glöcklein einen Tag zu lassen, - nur einen einzigen Tag! „Warum nicht?“ sagte der Mönch. „Aber vergiss nicht, es morgen früh gleich wieder zu bringen!“ Der Apotheker dankte, ging nach Hause und hängte die kleine Glocke auf seiner Terrasse auf. Es läutete und Sato wurde es leicht ums Herz: freudig begann er zu tanzen.
Am nächsten Morgen war der Mönch bedrückt und schlechter Laune. Er wartete und wartete, ging vor den Tempel, - aber Sato kam nicht! Da rief der Mönch seinen Lehrling Toru und befahl ihm: „Lauf schnell zum Apotheker in die Stadt und erinnere ihn daran, dass ich ungeduldig auf mein Glöcklein warte!“
Toru lief zum Apotheker. Kaum war er in dessen Garten, da sah er diesen mit fliegenden Kleidern fröhlich zum Glockenklang tanzen. Da wurde auch dem Lehrling Taro froh ums Herz und er begann auch zu tanzen. Eine Stunde... noch eine Stunde.
Der alte Mönch wurde immer trauriger und er befahl seinem zweiten Lehrling Kono: „Laufe schnell zum Apotheker Sato und sage ihm, dass ich mein silbernes Glöcklein wieder haben möchte!“ – Kono lief so schnell er konnte. Als er aber zum Haus des Apothekers kam, sah er Sato und Kono fröhlich tanzen. Und bevor er etwas sagen konnte, drehte auch er sich im Kreise und vergaß die Welt. Eine Stunde... noch eine Stunde.
Als schon die Sonne unterging und der Mönch immer noch vergebens wartete, zog er seine Sandalen an und machte sich selbst auf den Weg. Schon von weit hörte er sein silbernes Glöcklein und fröhliches Lachen. Und bald sah er, wie der Apotheker mit Toru und Kono unentwegt tanzten, - mit einem seligen Lächeln auf ihren Gesichtern.
Der alte Mönch war ratlos. Aber er wunderte sich nicht mehr lange, denn auf einmal war auch bei ihm alle Traurigkeit weg: seine alten Füße begannen von alleine zu tanzen! Und so tanzten sie alle vier.
Und wie ging es weiter? Ja, - da müssten wir ja jemanden in den Garten des Apothekers schicken. Wenn der aber auch nicht zurückkäme? Dann müssten wir noch jemanden hinschicken, und noch jemanden, und noch jemanden... Am Ende würden wir selber hingehen...und dann würden wir auch zu tanzen beginnen! – Das geht natürlich nicht, denn es können ja nicht alle Menschen einfach tanzen. Also schicken wir niemanden hin.... und gehen lieber schlafen!
Nr.2 Die Palme und der Stein (afrikanisches Märchen)
In der Wüste Nordafrikas lebte ein Beduine Ben Massra. Er war voller Hass auf die Welt und in seinem Inneren von so schlechter Laune, dass er die Schönheiten der Erde nicht mehr wahrnehmen konnte. – So kam er einmal an eine Oase, wo viele schöne, junge Palmenbäume wuchsen. Eine war besonders zierlich, voll zartem Grün, aber noch sehr klein.
„Warte nur“, sagte Ben Massra, und nahm einen großen Stein. „Da hast du was zu schleppen!“, - und legte den Stein mitten in die Blätterkrone. Zufrieden über sein böses Werk zog der Beduine des Wegs weiter.
Was aber geschah mit der jungen Palme? Sie schüttelte sich, rüttelte ihre Krone, - aber der Stein saß fest eingeklemmt und drückte mit seiner Last entsetzlich. Da begann sie ihre Wurzeln tief in die Erde einzugraben, sie streckte sich und reckte die Palmblätter immer weiter aus, um die schwere Last tragen zu können. Mit ihren tiefen Wurzeln erreichte die Palme das kostbare Wasser der unterirdischen Quelle: das Wasser gab ihr die Kraft, die sie zum Wachsen brauchte.
Jahre später kam Ben Massra wieder zur Oase. Vergeblich suchte er nach einem kleinen verkrüppelten Baum, dem er einen Stein in die Krone gelegt hatte. Da neigte sich die schönste und größte aller Palmen zu ihm und sagte: „Ben Massra, ich danke dir für die schwere Last! Sie hat mich stark gemacht. Ohne deine Hilfe wäre ich nie zu dieser kräftigen Gestalt und zu dieser Lebensfreude gekommen!“
Nr.3 Gott und der Friseur (ein islamisches Märchen)
Ein Mann sitzt beim Friseur. Er lässt sich die Haare schneiden und den Bart rasieren. Beide unterhalten sich über Gott und die Welt... bis der Friseur besserwissend verkündete: „Ich glaube nicht, dass Gott existiert!“ – „Warum sagen sie so etwas?“, fragte der Kunde. „Nun!“, meinte der Friseur, „gehen Sie nur mal raus auf die Strasse und Sie werden sehen, dass Gott nicht gibt. Wenn Gott existierte, würde es dann so viele kranke und arme Menschen geben, so viele ausgesetzte Kinder, soviel Schmerz. Ich kann mir keinen liebenden Gott vorstellen, der all diese Dinge erlaubt!“
Der Kunde geht nicht weiter auf diese Meinung ein, er bezahlt und verlässt den Laden. Auf der Straße trifft er Männer mit langen dreckigen Haaren und mit zerzausten Vollbärten. Er sieht viele Menschen schmutzig und ungepflegt.
Da geht er schnell zurück, betritt noch einmal den Laden und sagt zum Friseur: „Wissen Sie was? Eben habe ich festgestellt, dass es keine Friseure gibt!“ – „Warum sagen Sie so etwas?“, fragte nun der Friseur. „Ich bin doch hier, und habe Ihnen eben die Haare geschnitten!“ – „Nein!“ ruft der Kunde, „Friseure gibt es nicht! Wenn Friseure existierten, dann würden nicht so viele Männer mit langen dreckigen Haaren und zerzausten Bärten herumlaufen!“
„Halt, halt! Natürlich gibt es Friseure! Was kann ich dafür, wenn die Leute nicht zu mir kommen?“ - „Richtig!“ antwortete der Kunde: „Das ist es! Deshalb existiert auch Gott! Was kann er dafür, wenn die Menschen nicht zu ihm gehen, um sich mit seiner Liebe beschenken zu lassen? Ist es seine Schuld, wenn die Menschen nicht zu ihm kommen?!“
World premiere: 01.10.2011, Ingolstadt Cathedral, the audience sits on the organ loft
Performers at world premiere: Tom Resch (narrator) and Evi Weichenrieder (organ)